1. Etappe: Von Hameln nach Osterode am Harz
Freitag, der 19. September 2008, vormittags. Letzte Vorbereitungen zur „GO-East Etappenfahrt“. Der Rucksack ist gepackt. Alle notwendigen Dinge sind verstaut. Was ist heute anzuziehen? Prüfender Blick nach draußen. Die Sonne scheint. Temperatur in der Sonne ca. 18° Celsius. Also Kurzarm. 11:30 Uhr. Rucksack aufsetzen und los. Mit dem Rad Richtung Hauptbahnhof Bielefeld. Der Zug fährt um 12:24 Uhr.
Die ganz Harten sind schon vor ca. zwei Stunden mit dem Rad durchs Lippische Richtung Hameln aufgebrochen.
Der Rest will mit der Bahn von Bielefeld nach Hameln anreisen.
Kurz vor 12:00 Uhr. Da stehen sie schon, meine Mitfahrer. Der orange Bulli, unser Begleitfahrzeug, ist noch nicht da. Die Stimmung der Etappenfahrer ist dem Wetter angemessen, nämlich blendend.
Da kommt der Bulli. Räder und Gepäck im Begleitfahrzeug verstauen. Günter wird unseren Bulli-Fahrer nach Hameln begleiten.
Dann zum Bahnsteig. Detlef – als erfahrener Bahnfahrer – hat das Radabteil schon gefunden. Die restlichen Räder (die nicht mehr in den „Mannschaftbus“ paßten) werden in die Bahn verbracht.
12:24 Uhr -> Abfahrt. Zunächst mit der Regionalbahn nach Löhne. Da umsteigen in die Nordwestbahn Richtung Hameln. Es folgt eine schöne Bahnfahrt durch das Weserbergland. Meine Mitfahrer werfen kritische Blicke aus den Fenster auf die dunklen Wolken am Horizont. Beruhige sie: „Schlechtwetter? Alles nur Propaganda!“. Das sollte sich auch für heute bewahrheiten. Bis zum Ende unserer Etappe heute Abend in Osterode am Harz werden wir keinen Regen erleben.
Nach der Fahrt über Vlotho und Rinteln Ankunft in Hameln. Der Harte ist schon da. Auch unsere Bremer Dependance ist vor Ort. Wer noch nicht da ist: der Bulli!
Feixsen derer, die ihr Rad mit in die Bahn genommen haben. „Können wir jetzt endlich los? Wir essen zeitig!“
Nicht die Ruhe verlieren. Erst mal nen belegtes Brötchen holen und reinschieben. Schluck trinken. Und da kommt es schon: unser rollendes Verpflegungscenter, unsere Ersatzheimstatt, unser Servicemobil für die nächsten Tage. Räder ausladen. Formieren. Ralf Nägler – unser sportlicher Leiter und für diese Veranstaltung unser Scout – vorne. Er kennt den Weg genau. Ralf hat die Strecke mühsam ausgearbeitet. Aber nun erst mal raus aus der Stadt. Grobe Richtung Bodenwerder. Flachetappe? Momentan auf jeden Fall. Bis kurz vor der Münchhausenstadt. Die lassen wir rechts liegen.
Und zum Lohn dafür macht dann das WeserBERGland seinem Namen alle Ehre. Olli und Andy freuts. Sebastian – unser zweiter Mann mit Navi – lassen diese Buckel auch kalt. Frage von hinten: „Geht das so bergig weiter? Dann setze ich mich gleich in den Bulli!“ War das Vicky. Nee, glaube ich nicht. Oder doch? Der nächste Tag wird mich eines besseren belehren. Doch das ist morgen.
Durchfahrt durch Stadtoldendorf. Schöner Ort. Dann Panzerstraße. „Sind wir schon im Zonenrand?“ Irgendwie schon. Obwohl der Harz noch weit entfernt ist.
Jetzt erst einmal bergan. Katie fährt – auf ihrem alten Colnagno mit Schaltung am Unterrohr – wie ein Uhrwerk. „Jetzt 20 Jahre jünger sein und bessere Kondition, das wärs“, denke ich mir.
Zweiundzwanzig Kilometer vor Osterode. Wieder ein Anstieg. Es wird dämmerig. Oben angekommen die Frage „Geht es denn bis Osterode so wellig weiter?“
Dazu Peter: „Bis Osterode geht es nur noch bergab.“ Sein Wort in Gottes Ohr.
O.K. Wir wollen uns am ersten Tag schon gut auf den Samstag einstimmen. Dann geht es ja in den Harz. Und nicht nur am Rand des Harzes entlang. Also bleibt es natürlich so hügelig bis wir Osterode erreichen.
Doch das alles entschädigt die absolut super Route auf ganz klasse Nebenstraßen. Dank an Ralf N., der es sich – trotz dicker Erkältung oder ist es gar eine Grippe – nicht nehmen läßt weiterhin unsere Gruppe zu führen.
Die mitgenommene Beleuchtung leistet mittlerweile eine guten Dienst. Es ist gegen 20:00 Uhr. Wir sind am Ortseingang von Osterode am Harz angekommen. Nun noch kurz Gasthaus Dernedde Lasfelder Straße 93 gesucht. Ein „Eingeborener“ weist uns den Weg. Jetzt sind wir da.
Ohne große Vorrede an den in einem Nebenraum der Schankstube für uns gedeckten Tisch und die „Pastaparty“ kann beginnen. Kohlenhydrate nachfüllen und den Flüssigkeitshaushalt ausgleichen. Sebastian und ich blöckeln gegen 22:30 Uhr ab. Einige haben sich wohl noch länger „regeneriert“. Morgen soll die Königsetappe kommen. Was das wohl heißt? Warten wir es ab. Nun erst mal ruhen. Dann sehen wir weiter. (bravo)
2. Etappe: Von Osterode nach Mansfeld
Tag 2 – Samstagmorgen. Blick aus dem Fenster. Strahlend blauer Himmel. Frisch machen, Radklamotten an. Auf zum Frühstück. Da sitzen sie schon alle und machen sich über das bodenständige und reichhaltige Buffet her.
Nach der Stärkung Sachen packen, Zimmer räumen und Gepäck im Begleitbulli verstauen. Alle Etappenfahrer/innen sind guter Laune. Es wird gescherzt.
Heute soll es von Osterode am Westrand des Harz nach Mansfeld am Ostrand des Mittelgebirges gehen. Und zwar auf der Südseite des Harz entlang. Wie wird das Wetter? Wie wird die Strecke?
Luft auf die Pneus. Bremsen kontrolliert. Schaue mir Katie Nostalgierenner mal genauer an. Geklebte Reifen. „Das ist doch bestimmt schwierig die zu wechseln oder zu reparieren?“ frage ich. Katie winkt ab. „Kein Problem. Das geht ganz einfach und ist fix gemacht.“ Bin noch ein wenig skeptisch.
Frage: „Wieso benutzt Du hinten nicht das größte Ritzel?“ Blöde Frage!?
„Das geht nicht. Geht schon lange nicht mehr. Brauche ich in Bremen ja auch nicht.“ Ne, so geht es nicht. Also Werkzeug raus. Katie: „Nein, bitte nicht verstellen. Sonst geht hinterher garnichts mehr.“ Zu spät. Schon wird geschraubt. Ein halber Schlag. Und schon klappts … mit der Schaltung.
Nun los. Die ersten scharren schon mit den Hufen/ Pedalen. Da unser sportlicher Leiter und Scout Ralf N. wegen Erkrankung heute nicht aufs Rad steigen kann, bleibt die Frage zu klären, wer uns den „Weg weisen“ wird. Sebastian erklärt sich bereit und flugs ist sein Rad mit zwei Navis ausgerüstet.
In Zweireihe durch die Osterode-City. Die Ureinwohner per pedes oder Motorkutsche schauen den fahrenden (Shampoo-) Flaschen nach. Dann der erste Buckel. Den hoch und dann eine schöne lange Abfahrt auf einem RTF-fähigen Weg (weil ohne Autoverkehr und geteert). So geht es den Tag über auf Kreis- und Landstraßen durch den (Nieder-)Harz weiter. Schwiegerhausen, Pölde, Rhumspringe, Hilkerode. So heißen die Orte, durch die es geht. Das …rode wird uns weiterhin begleiten. Zwischen Tettenborn und Branderode : Grenzpfähle. Wir überqueren bewußt die „ehemalige Zonengrenze“. War hier irgendwo schon mal vor 35 Jahren. Da sah das noch anders aus.
Obersachswerfen. Im Jägerhof zu Woffleben eine Rast. Energie zuführen für weitere Aufgaben. Weiter nach Niedersachswerfen und Rottleberode. Hier teilt sich die Gruppe auf. Vier oder fünf Leute unter Führung von Olli fahren eine Bergetappe über Stolberg.
Wir anderen am Ortausgang Rottleberode links. Dann hoch nach Schwenda. Da wo die Harzhexe wohnt. Das Wetter ist uns weiterhin wohlgesonnen.
Am Ortsausgang von Schwenda wird pausiert. Damit wir alle wieder zusammen sind. Will nochmal in den Ort und ein paar Fotos schießen. Melde mich bei Sebastian ab. Als ich zurückkomme herrscht ein große Tohuwabu. Man sucht mich?! Wieso? Nun ja. Bei uns geht keine verloren. Also weiter. Auf einer „tausendjährigen“ Betonstraße machen wir den Materialtest. Am Ende dieser Strecke vibrieren die Hände und Arme. Geschafft. Alles ist heil geblieben.
Nicht mehr lange und die Hauptgruppe ist in Königerode – unserem Reunionsort – angekommen. Schnell in ein Café eingekehrt. Der Wirt des 300 Seelenortes freut sich über den unerwarteten Kaffee-Umsatz.
Aprospros Umsatz: Wir sind natürlich auch als Botschafter unseres Hauptsponsors unterwegs. In dieser Eigenschaft werden wir den Umsatz in den neuen Bundesländern sicherlich um 0,0009 Prozent gesteigert haben. Warum? Der Beweis ist schnell erbracht durch folgende Begebenheit:
Bauer auf Trecker im Vorbeifahren zu Peter: „Setzt mal deinen Helm ab!“
Peter erstaunt zurück: „Warum?“
Bauer: „Ich will sehen ob das Doping für die Haare wirkt!“
Also unsere Trikots werden wahrgenommen!
Die Bergfahrer haben sich gemeldet. Sind irgendwie am Treffpunkt Königerode vorbeigeschossen. Es entspinnt sich eine kurze Diskussion in der Hauptgruppe, ob wir nun auf direktem Wege Mansfeld über die Bundesstraße 242 ansteuern oder ob wir die von Ralf N. ursprünglich geplante Strecke fahren. Sebastian und ich sind uns einig, daß wir die „schöne Stecke“ auf Nebenstraße fahren wollen, statt der 242. Die anderen Mitfahrer/innen steuern auf direktem Wege Mansfeld an und werden mit den Bergfahrern in der ältesten Kneipe Deutschland – dem Gasthof „Zur guten Quelle“ – auf uns warten. Dort wollen wir zum Abend essen.
Ralf N. läßt es sich nehmen – trotz Grippe – Sebastian und mich zu begleiten. In der Dreiergruppe geht es flott über einige Abfahrten und Anstiege nach Mansfeld. Beim Discounter kurz nachgefragt und wir fahren in den Ortskern von Mansfeld ein. Schnell ist der Gasthof „Zur guten Quelle“ in der alten Kupferbergbau- und Luthergeburts-Stadt gefunden. Bezeichnender Weise liegt die Gaststätte in der Lutherstraße.
Und da sitzen sie schon alle und sind fürstlich am Schmausen. Zu moderaten Preisen.
Nach dem Abendessen geht es dann zu unserer heutigen Herberge, der Jugendbildungs- und Begegnungsstätte Schloß Mansfeld.
Mal sehen, wie ich diese Nacht schlafen werde. Morgen geht es weiter. (bravo)
3. Etappe: Von Mansfeld über Aschersleben nach Halberstadt
Dritter Tag. 7:30 Uhr aufstehen. Punkt halbneun sollen wir beim Frühstück sein. Hat uns gestern abend die Hausleitung eingeschärft. Wegen der Küche.
Also o.k. Blick aus dem Fenster. Genial! Ein toller Blick vom Schloßberg auf Mansfeld. Und die Sonne lacht. Also werden wir am Ende des Tages sagen können, daß die Etappenfahrt im „Goldenen Herbst“ stattgefunden hat!? Oder?
Mal sehen. Zunächst frisch machen. Dann den „Rennradmotor füttern“. Peter hat für heute morgen eine Schloßführung organisiert. Nach dem Frühstück. Dann los. Die ortsansässige Führerin gibt sich alle Mühe. Doch dem Anspruch der geschichtlich Bewanderten wird sie nicht gerecht.
In Hochzeiten haben hier in Mansfeld bis zu 30.000 Menschen im Kupferbergbau gearbeitet. Und heute? Etwas mehr als 1.000. Das ist schon frustrierend.
Die Führung geht zu Ende. Der Regen kommt. Regenwolke nach Regenwolke. Da ist es uns auch kein Trost, daß hier eine der trockeneren Ecken des Harzes ist. Es entbrennt eine Diskussion: mit dem Rad oder mit der Bahn fahren. Die Zeit verrinnt. Das Ziel Magdeburg wird revidiert. Wir entschließen uns zunächst nach Aschersleben zu fahren. Von da aus dann entweder mit der Bahn oder weiter mit dem Rad Richtung Halberstadt und ggf. Richtung Bad Harzburg. Wie sagt der Volksmund? „Schaun mal!“
Aus Mansfeld raus. Die Anhöhe von gestern wieder rauf. Dann eine Abfahrt über viel nasses Laub. Die Blätter waren doch gestern abend noch nicht da. Vorsicht. Bloß nicht stürzen. Geschafft.
Nun ein wenig wellig in leichtem Nieselregen bis Aschersleben. Das Begleitfahrzeug wartet bereits in Ascherleben. Kurze Diskussion, wie es weiter geht. Ein Großteil der Gruppe entscheidet sich für die Regionalbahn. Sechs Radsportfreunde können nicht genug bekommen und wollen die letzten knapp 50 Kilometer bis Halberstadt sportlich „erfahren“.
Drei Zweierreihen. Die Gruppe läuft zunächst. Doch bei mir macht sich ein Formtief bemerkbar. Neid, die vier vor mir, die haben Kondition.
Kommen die „Leben“: Aschersleben, Ermsleben, Radisleben. Dann geht es weiter mit Hoym. Bei Nachterstedt auf die Marterstecke. Kopfsteinpflaster vom Feinsten. Vorbei am Tagebau – was hier wohl abgebaut wird? Weiter im fliegenden Galopp.
Gatersleben – Baustelle! Wo nun weiter? Runter vom Rad. Durch die Baustelle geschoben. Einen erstaunten Einheimischen nach dem Weg fragen. O.k. Richtung Hedersleben. Dort geht es lang. Puh, wieder auf dem richtigen Weg. Von unserem Begleitfahrzeug müssen wir uns kurz trennen. Fahren einen anderen Weg. Und der Platzregen dräut.
Mittelalter in 20 Sekunden: im Schweinsgalopp vorbei am Kloster Hedersleben. Sieht imposant aus. Hier sollte ich mal anhalten und mir den Ort anschauen.
Doch meine Frontleute lassen nicht locker. Die Schlagzahl muß gehalten werden. Die Deadline ist 14:55 Uhr. Dann fährt der Regionalexpress von Aschersleben kommend in Halberstadt ab. So ist die Information unserer Sechsergruppe.
Wegeleben: Nun hat uns der Regen erwischt. Sturm und Güsse aus Eimern. Stopp! Regenjacke an. Die Gruppe wird gesprengt. Nun nicht nachlassen. Die „alten Säcke“ versuchen sich gegenseitig wieder an den Lead heranzufahren.
Harsleben. die Zeit rennt. Unser Begleitfahrzeug ist wieder bei uns. Halberstadt in Sicht. „Los Ralfos“ leiten uns vom Bulli aus Richtung Bahnhof. Oh, hier gibt es eine Straßenbahn. Jetzt bloß nicht bei regennasser Straße in die Schienen geraten.
Noch einmal rechts. Geradeaus. Der Bahnhof. Schnell zum Fahrplan. Welches Gleis? Wann kommt der Zug, wann fährt er ab?
Es kommt noch einmal Hektik auf: raus aus den nassen Klotten. Die Uhr zeigt 14:50 Uhr. Doch halt! Ankunft des Zuges aus Aschersleben ist 14:55 Uhr – Abfahrt ist … 15:10 Uhr. Gut! Geschafft.
Die Räder in den Bulli. Rüber zum Gleis Richtung Bad Harzburg. 14:55 Uhr – der Regionalexpress fährt ein. Und da sind unsere anderen Etappenfahrer. Gut gelaunt. Mit Kaffee und Kuchen gestärkt. Doch auch wir sechs „begossenen Pudel“ sind glücklich und zufrieden. Rein in den Zug.
Das wars für 2008. Alle Mitfahrer/innen und Begleiter sind sich einig: Wir sind wieder dabei, wenn es in 2009 heißt GO EAST! (bravo)